Preisträger 2019 in der Kategorie Nova Vermarktungsinnovation 2019. Drei Fragen an Digitalchef Yannick Dillinger und Chief Data Officer Dr. Steffen Ehrmann von Schwäbisch Media.
Was war der Auslöser für die Einführung des Artikel Score und welche Ergebnisse haben Sie sich davon versprochen?
Dillinger: Wir haben schon sehr lange mit den Klicklisten gehadert, die wir jeden Tag an alle Redakteure rausgeschickt haben. Die meisten Adressaten haben sie direkt in den Papierkorb verschoben. Verständlicherweise. Wir möchten plattformübergreifend für herausragenden Journalismus stehen, Abonnenten mit qualitativ hochwertigen Inhalten überzeugen und aus Daten lernen. Da sind Ranglisten mit Artikeln über tödliche Unfälle oder Dreifachmorde wenig hilfreich.
Über Jahre ist der Wunsch in der Redaktion nach einem Messinstrument gewachsen, das den Wert eines Inhalts abgestimmt auf unsere Ziele, die Nutzungsintensität unserer digitalen Produkte zu erhöhen, flüchtige Besucher zu loyalisieren und Kunden passgenau mit relevanten Inhalten zu versorgen.
Genau das haben wir mit dem Artikelscore geschafft. Wir können kurz-, mittel- und langfristig unseren Journalismus relevanter machen und die begrenzten Kapazitäten zielgerichteter einsetzen.
Welche KPIs haben Sie ausgewählt und wie gehen die Redaktionen mit den Ergebnissen um?
Dr. Ehrmann: Beim Plus-Artikelscore haben wir KPIs ausgewählt, die uns spiegeln, wie wir registrierte Nutzer mit einem Inhalt überzeugen und wie die Nutzung der zahlenden Digitalabonnenten aussieht. Ein Plus-Inhalt tritt an in den Disziplinen Klicks von registrierten Nutzern, Verweildauer registrierter Nutzer, Exit Rate registrierter Nutzer nach dem Lesen des Beitrages, Conversion Score (Anzahl Absprünge in den Bestellprozess) und Conversion Rate (Relation Anzahl Absprünge in Bestellprozess zu denjenigen, die an die Paywall gestoßen sind).
Dillinger: Jeder Redakteur bekommt täglich zwei Tabellen mit den aufgeschlüsselten Kennzahlen gemailt. Das erzeugt eine große Transparenz und wir schätzen, dass ca. 70% der Redakteure diese Mail auch aktiv lesen. Trotzdem ist es wichtig, dass ich einmal im Monat sowohl die Lokalchefrunde als auch die Ressortleiterrunde besuche und den Verantwortlichen mittelfristige Erkenntnisse erkläre. Jede Redaktion erhält zudem jeden Monat eine detaillierte und individualisierte Auswertung samt Handlungsempfehlungen. Außerdem hängen in den Redaktionen individualisierte Dashboards, die Rückmeldung darüber geben, wie gut Inhalte bei unseren Usern ankommen.
Fragestellungen, denen wir nachgehen sind z. B. solche, was wir bezüglich Themensetzung, -aufbereitung und -ausspielung, aber auch Produktausgestaltung lernen können. Sollten wir vielleicht eine Serie zum Thema Müll starten, weil einzelne Artikel dazu hohe Aboabschlussraten erzielt haben? Müssen wir weiterführende Inhalte anders einbinden, damit die Absprungquote sinkt? Bleiben Nutzer länger auf einem Inhalt, wenn wir ihn mit Datenjournalismus ergänzen? Aber: Der Artikelscore ersetzt nicht das journalistische Einschätzungsvermögen, doch der Blick in die Daten macht uns kontinuierlich etwas schlauer.
Welche Vorteile bietet dieses Instrument – auch für andere Verlage -, da Sie es als Whitelabel-Lösung anbieten?
Dr. Ehrmann: Mit dem BI-Spezialisten GoertzConsult GmbH und der ZMG haben wir (Schwäbisch Media) ein Produkt geschaffen, das den Artikelscore für andere Verlage zugänglich macht, auch ohne die Investition in ein Team aus Daten- und Technik-Experten zu tätigen. Herausgekommen ist die Whitelable-Lösung CoPS – Content Performance Score.
Der USP von CoPS ist es, dass – neben der Schaffung des ganzheitlichen Blicks auf die Content Performance – völlige Flexibilität bezüglich KPIs und Teildisziplinen besteht. Verlage können den Artikelscore so exakt auf ihre Ziele anpassen lassen. CoPS ist damit für ganz unterschiedliche Modelle nutzbar – auch für andere Contentformate wie Videos oder Podcasts.
Dr. Ehrmann: CoPS bietet drei wesentliche Bestandteile: (1) das „Newsroom-Dashboard“, das die TOP10- und Flop3-Artikel direkt auf die großen Screens in den Newsroom bringt, (2) das „Analyse-Dashboard“, das es ermöglicht den kompletten Artikelbestand nach Zeiträumen Ressorts u.a. zu analysieren und Vergleiche zu ziehen sowie (3) die „Daily Mail“ an die komplette Redaktionsbelegschaft mit den TOP100-Artikeln. Insgesamt ist damit das komplette Handwerkszeug gegeben, das benötigt wird, um dem Thema Contentperformance die nötige Transparenz zu bieten, um es in die tägliche Diskussion der Contentmacher zu bringen und schließlich durch die Dateninformiertheit den Journalismus und die Produkte besser zu machen. Weitere Informationen zu CoPS gibt es unter: www.cops-pro.de
Danke für das Interview!
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